Wirtschaft

EZB-Direktorin im ntv-Interview Schnabel sieht "kräftigen Anstieg der Inflation"

Erstmals seit Jahren gibt es wieder eine nennenswerte Inflation in Deutschland und Europa. Das von der EZB angestrebte Maß an Teuerung ist erreicht. Doch Notenbank-Direktorin Isabel Schnabel rechnet mit einem weiteren Anstieg. Grund für einen Kurswechsel in der Geldpolitik sei das aber nicht.

Die Inflation in Deutschland könnte nach Einschätzung von Notenbankerin Isabel Schnabel auf über drei Prozent steigen. Das deutsche Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) sagte im ntv-Interview, dass dies mit der Strategie der Notenbank vereinbar sei und keine Änderung der aktuell extrem lockeren Geldpolitik notwendig mache. "Was wir sehen, ist, dass es aufgrund der Pandemie zu sehr ausgeprägten Schwankungen der Inflation gekommen ist", sagte Schnabel. Man sehe, dass die Inflation im vergangenen Jahr massiv eingebrochen sei bis in den negativen Bereich. "Und in diesem Jahr haben wir dann gesehen, dass es zu einem kräftigen Anstieg der Inflation gekommen ist. Und das geht sogar noch weiter. In Deutschland rechnen wir damit, dass es durchaus zu einer Inflation kommen kann, die größer ist als drei Prozent."

Nach Monaten sinkender Preise waren im Euro-Raum die Lebenshaltungskosten Anfang 2020 erstmals wieder gestiegen. Für April erwartet das Statistische Bundesamt eine Inflationsrate von rund 2,0 Prozent. Damit ist etwa das Ziel der EZB von knapp unter zwei Prozent Inflation erreicht, was die Notenbank als optimal für die Wirtschaft erachtet. Eine Drei vor dem Komma - das gab es zuletzt 2008.

Die wieder steigenden Preise hatten nicht nur bei Verbrauchern Sorgen ausgelöst, sondern auch an den Finanzmärkten. Manche Investoren befürchten, die EZB und andere Notenbanken könnten weniger Geld mithilfe extrem niedriger Zinsen und milliardenschwerer Anleihekäufe zur Verfügung stellen, insbesondere wenn die Inflation kräftiger und längerfristiger steige als derzeit prognostiziert. Man gehe jedoch davon aus, dass es sich um kurzfristige Schwankungen handle, erklärt Schnabel bei ntv. "Unsere geldpolitische Strategie ist mittelfristig ausgerichtet und das bedeutet, dass wir durch all diese kurzfristigen Schwankungen hindurchschauen."

Auf die Frage, ob es überhaupt einen Weg zurück aus der expansiven Geldpolitik gebe, erklärte Schnabel: "Wenn wir tatsächlich sehen, dass sich plötzlich eine sehr schnelle Inflationsentwicklung ergäbe, was sich im Moment aber wirklich überhaupt nicht abzeichnet, dann müssten wir natürlich unsere Maßnahmen anpassen und müssten das natürlich graduell machen. Man muss das vorbereiten, vor allem durch Kommunikation, sodass alle die Möglichkeit haben, sich allmählich daran anzupassen."

Quelle: ntv.de, mbo

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