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Konferenz zu CO2-Reduktion Volkswagen beschleunigt die eigenen Klimaziele

Auf der eigenen Onlinekonferenz „Way to Zero“ setzt sich der Volkswagen-Konzern neue, ambitioniertere Klimaziele. Erreichen will das der Konzern mit noch mehr Elektromodellen – und höheren Ausgaben für die Dekarbonisierung.
Da geht noch mehr mit E: Um den Green Deal der EU zu erfüllen, will die Marke VW die eigene Elektro-Offensive (im Bild der VW ID.4) nochmals erweitern

Da geht noch mehr mit E: Um den Green Deal der EU zu erfüllen, will die Marke VW die eigene Elektro-Offensive (im Bild der VW ID.4) nochmals erweitern

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FILIP SINGER/EPA-EFE/Shutterstock

Eigens angefertigte Kurzfilme, Auftritte von Topmanagern aus dem Volkswagen-Konzern und von Partnern, professionelle Moderatoren für die Führung durch ein insgesamt zehnstündiges Programm: Auf der bis 19 Uhr laufenden Onlinekonferenz "Way to Zero Convention" erläutert der Volkswagen-Konzern seinen Masterplan für das Erreichen der bilanziellen CO2-Neutralität bis 2050.

Gleich zum Auftakt verkündete der Chef der Kernmarke VW, Ralf Brandstätter (52), neue und erweiterte Klimaziele des Autobauers nach dem Beschluss des sogenannten "Green Deal" der EU. Bis Ende des Jahrzehnts solle der durchschnittliche CO2-Ausstoß der VW-Pkw in Europa um 40 Prozent sinken. Der Gesamtkonzern peilt bis 2030 - ebenso bezogen auf das Basisjahr 2018 - eine Senkung um 30 Prozent an. Das sei ein "neues, anspruchsvolles Ziel", sagte Brandstätter in seiner Auftaktrede. Der Weg zur bilanziellen CO2-Neutralität sei "unumkehrbar".

Nunmehr 13 statt 11 Milliarden Euro für E-Mobilität

Um das zu schaffen, will die Marke VW die eigene Elektroauto-Offensive nochmals erweitern. "Wir haben 2015 mutige Entscheidungen getroffen", lobte Brandstätter den eigenen Konzern. Das sei richtig gewesen, was man auch daran sehen könne, dass andere Hersteller nun dem Beispiel Volkswagens folgen. Nun soll unter anderem die Produktionskapazität für reine E-Autos erweitert werden.

Hinzu kommen noch einmal entsprechend erhöhte Ausgaben. "Insgesamt werden wir in den nächsten fünf Jahren 14 Milliarden Euro in die Dekarbonisierung von Volkswagen investieren", so der Markenchef. Dies umfasse zum Großteil (13 Milliarden Euro) den weiteren Ausbau der Palette elektrifizierter VW-Modelle, aber auch ergänzende Projekte, etwa für eine CO2-ärmere Fertigung. Zuletzt hatten die Wolfsburger für ihre Hauptsparte mit elf Milliarden Euro für die E-Mobilität bis inklusive 2025 kalkuliert. Im Konzern belaufen sich die zugehörigen Investitionen auf 35 Milliarden Euro. Die VW-Gruppe war bisher für schätzungsweise ein Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.

In der EU 300.000 reine E-Autos zusätzlich

Damit das Angebot mit den eigenen Klimazielen Schritt halten kann, sollen in Europa künftig mindestens 300.000 reine E-Autos zusätzlich pro Jahr gebaut werden. Bis 2030 soll die Elektroquote der verkauften Wagen hier dann die Schwelle von 70 Prozent erreichen, in China und Nordamerika wenigstens 50 Prozent. "Der Kampf gegen den Klimawandel kann aus unserer Sicht nur gewonnen werden, wenn wir Dekarbonisierung von Wirtschaft und Verkehr mit aller Kraft vorantreiben", sagte Brandstätter.

Aktuell gelte es, die Balance zwischen diesem Umbau und kurzfristigen Belastungen zu halten: "Wir befinden uns einer anspruchsvollen Situation", so Brandstätter. "Auf der einen Seite geht es derzeit vor allen Dingen darum, die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Auf der anderen Seite muss Volkswagen gleichzeitig die eigene Transformation weiter vorantreiben." Ende 2020 war es nach dem zwischenzeitlichen Pandemie-Einbruch wieder besser gelaufen. Zahlen zum ersten Quartal 2021 will VW am 6. Mai vorlegen.

VW unterstützt Aufbau von Wind- und Solarparks in EU

Die CO2-Bilanz eines E-Autos ist nur dann wirklich gut, wenn es mit Ökostrom fährt. VW beteiligt sich am Ausbau erneuerbarer Energien. "Wir unterstützen zwischen 2021 und 2025 mit mehr als 40 Millionen Euro den Aufbau von Wind- und Solarparks." So ließen sich bis zu sieben Terawattstunden an Grünstrom erzeugen. "Das entspricht in etwa 300 Windrädern und würde den Strombedarf von jährlich 600.000 Haushalten decken. Damit sollte es uns gelingen, unsere vollelektrische ID-Flotte in Europa auch bilanziell CO2-neutral zu stellen."

Für das Werksnetz werden die internen Klimaziele ebenso angehoben. Der CO2-Fußabdruck der Fertigung soll sich bis 2025 verglichen mit 2015 halbieren. So soll auch das US-Werk in Chattanooga schon ab 2022 mit 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energieträgern laufen. Ab 2030 sollen dann sämtliche Fabriken weltweit - China vorerst ausgenommen - mit Ökostrom versorgt werden.

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Die meistverkauften Elektroautos der Welt

Foto: Ding Ting / imago images/Xinhua

Batteriepartner Northvolt sieht Werk in Schweden im Plan

"China ist energiepolitisch sicher in einer Sondersituation", so Brandstätter. "Aber auch hier wird der Anteil erneuerbarer Energien schnell ansteigen." Für die jetzt gebaute neue E-Auto-Fabrik in Anhui etwa gelte: "Das Werk wird ausschließlich mit grünem Strom betrieben werden. Also: Es gibt einen klaren Fahrplan, auch in China."

In Europa weitet der Konzern die Batteriezell-Fertigung stark aus - auf insgesamt sechs Standorte. Neben Salzgitter, wo als Pilotprojekte schon eine Zellfertigung und Recycling-Anlage laufen, ist Skellefteå in Schweden bekannt. Dort baut der Volkswagen-Partner Northvolt eine riesige Zellfabrik auf. Ende des Jahres, so erklärte Northvolt-CEO Peter Carlsson in einem Panel, werde das Werk erste Probezellen herstellen und an Partner ausliefern. Das Werk sei im Zeitplan, antwortete Carlsson auf Nachfrage, im kommenden Jahr beginne die Skalierung und Erweiterung des Werkes. Ab 2023 soll Northvolt dann mit Produktionskapazitäten von 16 Gigawattstunden starten, im Endausbau soll das Werk ab 2025 jährlich Batteriezellen im Umfang von 60 Gigawattstunden liefern – und damit in etwa so viel wie Teslas große Batteriefabrik in Nevada, die "Gigafactory".

Engpässe bei qualifizierten Mitarbeitern für Zellenproduktion

An Geldproblemen leidet Northvolt, an dem Volkswagen zu mehr als 20 Prozent beteiligt ist, offenbar nicht. "Ursprünglich dachten wir, dass die Finanzierung das größte Problem sein könnte. Nun sehen wir, dass die Finanzmärkte keine Zweifel haben", so Carlsson.

Allerdings gebe es durchaus Engpässe an anderer Stelle, gab Carlsson zu verstehen: So ist das Finden qualifizierter Arbeitskräfte für die Batteriezellenproduktion offenbar schwierig. Northvolt müsse 3000 bis 3500 Fachkräfte selbst ausbilden. "Das ist ein Hightech-Bereich, den nicht jeder kann. Die Ausbildung dauert mindestens ein Jahr", meinte Carlsson. Er hofft nun, dass ihm eine entsprechende Initiative der EU dabei hilft. "Ich hoffe, dass das sehr schnell ins Laufen kommt", so der Northvolt-CEO. Die EU-Programme zur Umschulung seien für die nächsten fünf Jahre angelegt. Die "Personalkompetenz", wie es Carlsson nannte, sei eines der "kritischsten Probleme" für die Batteriezellenfertigung.

Northvolt wird übrigens nicht ausschließlich VW mit seinen Zellen beliefern, obwohl die Wolfsburger ein großer Anteilseigner seien. "BMW haben wir als Kunden bereits bekannt gegeben", so Carlsson. Darüber hinaus werde Northvolt mit "einem weiteren Autohersteller" arbeiten.

Volkswagen werden die Werke in Schweden und Salzgitter für die Batteriepläne ohnedies nicht ausreichen. Bis 2030 folgen vier weitere Fabriken, die dann insgesamt jährlich Zellen im Umfang bis zu 150 Gigawattstunden liefern können.

Auch Lieferketten müssen CO2-"Fußabdruck" verringern

Porsche-Chef Oliver Blume (52) hatte kürzlich angekündigt, dass die VW-Tochter ein Zellwerk in Tübingen bauen möchte. Brandstätter sagte, von Vorteil sei "natürlich, dass man die Batteriezellen dort hat, wo auch die Fahrzeuge gebaut werden. Also zum Beispiel in Europa für Europa. Wir streben immer auch lokale Wertschöpfung an." Wo genau die übrigen Werke entstehen sollen, sei derzeit noch nicht entschieden. Die Kosten im Massengeschäft sollen durch eine Einheitszelle halbiert werden.

Die CO2-Verringerung müsse zudem in den Lieferketten vorankommen. "Natürlich schauen wir uns alle Bauteile an, die von Zulieferern bezogen werden: Welche haben mehr oder weniger Einfluss auf die CO2-Bilanz?", sagte Brandstätter. Es gehe etwa um Batteriegehäuse oder die Glasproduktion. "Wir sind überzeugt, dass uns die Zulieferer mit diesen Initiativen folgen. Das machen viele aber auch schon von sich aus und kommen mit Vorschlägen." Es gebe hier ein gemeinsames Interesse.

Skeptisch sieht Brandstätter die Verschärfungen für Stickoxide (NOx) aus Verbrennerfahrzeugen (Euro-7), über die in Brüssel diskutiert wird. "Die Verbrenner werden uns noch eine ganze Zeit lang erhalten bleiben - aber eben so effizient wie möglich", schätzt er. Schon mit der Norm Euro-6 habe es bei der NOx-Verringerung "große Schritte nach vorn" gegeben.

Die Euro-7-Norm lege noch einen drauf. "Das bedeutet noch einmal eine Anstrengung, mit noch mehr Technik die Grenzwerte erfüllen zu können." Dabei sei zu bedenken, dass zusätzliche Kosten beim Autokauf entstünden - überproportional bei kleinen Modellen. "Das bedeutet, dass Mobilität im Einstiegsbereich spürbar teurer wird", betonte Brandstätter. "Darüber muss man sich im Klaren sein."

wed/dpa-afx